Titel Weiteres auf die Anwerbung von Fachkräf- ten aus dem Ausland übertragen werden. Hinzu kommen neue Aspekte wie die kultu- rellen Unterschiede, Sprachanforderungen und lokale Wettbewerbsbedingungen im Zielland, die berücksichtigt werden müssen. „AUF WELCHEM WEG FINDEN WIR EINE FACHKRAFT AUS DEM AUSLAND?“ Dieser Frage der Unternehmen sieht sich auch Steven Haaß, Director Customer Success bei Talention, immer wieder ge- genüber. Gemeinsam mit seinem Team betreut er die Kunden bei internationalen Roll-outs. „Der Prozess eines internationa- len Roll-outs ist immer spannend, und wir lernen mit jedem Kunden auch neu dazu.“ Generell wichtig sei es, direkt zu Beginn der Projektplanung, Zeitlinien mit Aufga- ben, Deadlines, Verantwortungen und po- tenzielle Herausforderungen klar zu defi- nieren. „Je nach gesuchtem Profil, Zielland und erforderlichen Sprachkenntnissen ent- werfen wir passende Konzepte für unsere Kunden. Zugeschnitten auf die Situation des Kunden, was gesuchte Profile, das Ziel- land und erforderliche Sprachkenntnisse angeht, werden Konzepte entworfen. Wir prüfen auch, ob ein länderübergreifender Prozess machbar ist oder ob unterschiedli- che Länder spezifische Prozesse erfordern.“ DIE VERÄNDERUNG DES „PRODUKTS“ ARBEITGEBER Der Arbeitsmarkt ist zu einem Umfeld ge- worden, in dem die Kandidaten die Ober- hand haben. Plötzlich geht es nicht mehr darum, aus einer Vielzahl von Bewerben- den den perfekten Kandidaten auszuwäh- len, sondern das Unternehmen als attrak- tiven Arbeitgeber zu vermarkten. Dies hat Recruiter vor die Herausforderung gestellt, sich Marketing-Know-how und -Fähigkei- ten anzueignen, die dabei helfen, ihren Ar- beitgeber als „Produkt“ zu verkaufen. „Es wird heute in Arbeitskreisen bereits davon gesprochen, eine bonusorientierte Vergü- tung für Mitarbeiter, die im Personalmar- keting und Recruiting tätig sind, anzubie- ten. Etwas, das man sonst nur im Vertrieb kennt. Die Höhe des Bonus kann dabei an den erreichten KPIs, wie zum Beispiel die Cost per Hire, gebunden sein“, weiß Steffen Christian Wolf auf dem Talention Personal marketing Summit am 22. Juni 2023 in Wuppertal Braun. „Ich finde es absolut richtig, denn genau dieser Bereich wird für ein Unter- nehmen langfristig der Wettbewerbsvorteil sein, auf den es am Ende ankommt.“ Im internationalen Recruiting ändert sich das Produkt „Arbeitgeber“ nun aber grund- legend. Dieses muss – je nach Land – anders beworben werden, wodurch das „Wo?“ und das „Wie?“ von Grund auf neu definiert und hinterfragt werden müssen. Neue Kulturen, Arbeitsweisen, Sprachen, rechtliche Be- stimmungen und Wettbewerbsbedingun- gen beeinflussen den gesamten Recruiting- Prozess und müssen berücksichtigt werden. MÖCHTE DER KANDIDAT ZU UNS? Allgemein zeigt die Studie „Decoding Global Talent, Onsite and Virtual“, dass Deutschland als Zielland für Kandidaten aus dem europäischen Ausland und Dritt- ländern durchaus attraktiv ist. Stand 2020 liegt Deutschland hier auf Platz vier hinter Kanada, den Vereinigten Staaten und Aus- tralien. Vieles, was deutsche Arbeitnehmer lokal als selbstverständlich in Deutschland wahrnehmen, kann für Menschen aus dem Ausland als neu oder „besonders“ wahrge- nommen werden. Deutschland als Arbeitge- berland verzeichnet beispielsweise ein allge- mein stabiles Gesundheitswesen und wird generell als familienfreundlich angesehen. Doch wie findet man heraus, in welchen Ländern es sinnvoll ist, zu rekrutieren? Hier weiß Christian Ternai einen Tipp: „Die Arbeitslosenquote kann ein Indika- tor für die Verfügbarkeit von Talenten sein. Das ist ein ganz guter erster Ansatzpunkt. Es lohnt sich außerdem zu analysieren, in welchen Ländern die passenden Fachkräf- te zu finden sind. Wenn Sie beispielsweise jemanden aus der IT suchen, könnten Sie sich darüber informieren, in welchem Land der Prozentsatz der Hochschulabsolventen im Bereich der IT sehr hoch ist.“ „Unternehmen, die schon einmal im Aus- land rekrutiert haben, können von eigenen Erfahrungswerten profitieren“, ergänzt Steffen Braun. „Wir empfehlen immer, sich zu fragen ‚Haben wir bereits positive Erfah- rungen mit der Integration von Fachkräften aus dem Ausland gemacht? Von wo kamen diese? Gab es Hürden, die abgebaut werden mussten?‘ Derartige Fragen verdeutlichen, an welchen Stellen intern noch Handlungs- bedarf besteht.“ Im September vergangenen Jahres berichtete der Spiegel über genau solchen Hürden. Genannt wurden hier, ne- ben zu langen Wartezeiten für ein Visum, einer fehlenden Willkommenskultur oder der Sorge vor Diskriminierung, auch un- zureichende deutsche Sprachkenntnisse. „DIE MUTTERSPRACHE IST WICHTIG, WEIL SIE DIE SPRACHE DES HERZENS IST.” Christian Wolf betont die Wichtigkeit der Muttersprache als Ausdruck der emotio- nalen Verbundenheit. Auf dem Talention Personalmarketing Summit im Juni 2023 unterstrich er die Bedeutung zentralisierter Teams im internationalen Recruiting. Bei der Gi Group besteht dieses Team (Stand Juni 2023) aus 15 Muttersprachlern für sechs Länder. Auch Wolf zog den Vergleich des Recruitings zu der Vertriebsrolle, in der es wichtig sei, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen. Im internationalen Re- 6 HR Performance 1/2024 ▶ Talentmanagement | Recruiting