Talentmanagement Ein letztes Beispiel, wie unterschiedlich sich Per- formance-Management-Systeme auf Stress aus- wirken können, sind relative Leistungsbeurteilun- gen. Diese werden oft als kompetitiv und Stress erzeugend wahrgenommen. In einer Labor-Studie mit Eddy Cardinaels (Tilburg University) zeigen wir jedoch, dass die Stresswirkung wesentlich von der jeweiligen Aufgabe abhängt. Bei Aufga- ben ohne objektiven Leistungsindikatoren (z. B. kreative Aufgaben, Qualität) zeigt sich, das rela- tive Leistungsbewertungen die Unsicherheit er- höhen und das Stress-Niveau steigern – ohne die Leistung zu steigern. Bei Aufgaben, bei denen sich die Leistung gut anhand objektiver Leistungsindikatoren abbil- den lässt (z. B. Produktionszahlen), ergab unse- re Untersuchung jedoch, dass die relativen Leis- tungsbewertungen den Stress sogar verringern (und die Leistung erhöhen). Ein Grund dafür kann sein, dass Mitarbeiter*innen bei relativen Leis- tungsvergleichen wissen, dass Faktoren wie z. B. Schwierigkeit der Aufgabe und externe Störgrö- ßen eine kleinere Rolle spielen, da sie alle Mitar- beiter*innen gleich betreffen. Außerdem ist klar, dass bessere Leistung auch tatsächlich belohnt wird. Es zeigt sich somit, dass die Wirkung von Performance Management wesentlich von der dahinterliegenden Aufgabe abhängt und ein Sys- tem, das in einem Setting funktioniert, in einem anderen Setting gegenteilige Effekte haben kann. Fazit Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Performance-Management-Systeme sehr unter- schiedlich auf arbeitsbezogenen Stress und in weiterer Folge Burn-out-Tendenzen auswirken können. Viel hängt davon ab, wie die jeweilige Führungskraft damit umgeht. Viel hängt aber auch davon ab, dass geeignete Systeme für die jeweili- gen Aufgaben und Tätigkeiten verwendet werden. Performance-Management-Systeme können Un- sicherheiten reduzieren, Rollenbilder und Erwar- tungen spezifizieren, zu geeigneten Belohnungen und Anerkennungen beitragen und die Fairness und Gerechtigkeit steigern. All diese Faktoren tra- gen dazu bei, Stress und Burn-out zu reduzieren. Allerdings muss eine geeignete Auseinanderset- zung mit den genauen Systemen stattfinden, da- mit die passenden für die jeweilige Situation ge- wählt werden und somit die positiven Effekte sich entfalten können. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass Performance Management tatsächlich den arbeitsbezogenen Stress erhöht und Burn-out- Tendenzen steigert. Referenzen Brassey, J., Herbig, B., Jeffrey, B., and Ungerman, D., 2023. Re- framing employee health: Moving beyond burnout to holistic health, McKinsey Health Institute. Brüggen, A., Feichter, C., & Williamson, M. G. (2018). The effect of input and output targets for routine tasks on creative task performance. The Accounting Review, 93(1), 29–43. Cardinaels, E., & Feichter, C. (2021). Forced rating systems from employee and supervisor perspectives. Journal of Accounting Research, 59(5), 1573–1607. European Foundation for the Improvement of Living and Work- ing Conditions. 2007. Fourth European Working Conditions Survey. Frimanson, L., Hornbach, J., & Hartmann, F. G. (2021). Perfor- mance evaluations and stress: Field evidence of the hormo- nal effects of evaluation frequency. Accounting, Organizati- ons and Society, 95, 101279. Fogarty, T. J., Singh, J., Rhoads, G. K., & Moore, R. K. (2000). Ante- cedents and consequences of burnout in accounting: Beyond the role stress model. Behavioral Research in accounting, 12, 31–68. Goh, J., J. Pfeffer, S. A. Zenios (2016) The Relationship Between Workplace Stressors and Mortality and Health Costs in the United States. Management Science 62(2): 608–628. Maslach, C., & Leiter, M. P. (2022). The burnout challenge: Managing people’s relationships with their jobs. Harvard Uni- versity Press. Maslach, C., Schaufeli, W. B., & Leiter, M. P. (2001). Job burnout. Annual review of psychology, 52(1), 397–422. Neal, S., Boatman, J., Watt, B., 2021. Global Leadership Forecast 2021. DDI WHO. 2019. https://www.who.int/news/item/28-05-2019- burn-out-an-occupational-phenomenon-international-clas- sification-of-diseases CHRISTOPH FEICHTER ist Assoziierter Professor am WU Institut für Unter- nehmensführung in Wien, E-Mail: christoph. feichter@wu.ac.at HR Performance 3/2024 19