Special HRP • HR-Anbieter 2024/2025 ten hingegen eine unklare Abtrennung als gefährliche und so- mit stressige Situation“, verdeutlicht sie. Gefährlich werde es, wenn Menschen immer wieder über eine längere Zeit „von ei- nem natürlichen Gleichgewicht der Selbstregulation“, der so- genannten Homöostase, abweichen. Das sind die Warnsignale des Körpers Zu den Warnsignalen des Körpers, die Betroffene unbedingt ernst nehmen sollen, gehören aus Sicht der Psychologin un- ter anderem Störungen in der Funktion des Schlafes durch eine eingeschränkte Melatoninproduktion, Konzentrationsproble- me, ein gehemmter oder gesteigerter Antrieb, Bluthochdruck, aber auch Kopfschmerzen. Bultmann sagt: „Sollten in als an- strengend und belastend empfundenen Zeiten gehäuft ent- sprechende Symptome auftreten, ist auf jeden Fall Vorsicht geboten.“ So gelingt es, Grenzen zu setzen Was können Betroffene tun, um Arbeit und Privates klarer zu trennen? Wie gelingt es, mental „guten Gewissens“ Feier- abend zu machen? „Es kann helfen, die Zeiten klar festzule- gen, in denen gearbeitet wird“, so die Psychologin. Arbeitszei- ten sollten beim Arbeitgeber möglichst klar formuliert werden. Zudem unterstütze ein strukturierter Tages- und Wochenplan dabei, klare Grenzen festzulegen. Wichtiges sollte aus ihrer Sicht immer zuerst erledigt werden. Die Psychologin rät außerdem: Berufliche E-Mails und Nach- richten nach Möglichkeit nicht auf dem Handy installieren. „Sollte jetzt immer noch die Überzeugung ‚Ich darf nicht Pause machen‘ oder Ähnliches aktiv sein, können Techniken der ko- gnitiven Diffusion dysfunktionaler Gedanken unterstützen“, macht die Expertin deutlich. Beispielsweise könnte sich der Arbeitnehmer fragen, ob die ständige Arbeitsbereitschaft den eigenen Werten dient. Jeder zweite nimmt sich keine Pause mehr Dieses Phänomen, nicht mehr Pause machen zu dürfen, ist ebenfalls weit verbreitet. Auch das hat die Studie des DGB er- geben: 46 Prozent aller Befragten im Homeoffice gaben an, Pausen zu verkürzen oder komplett ausfallen zu lassen. Das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen, kann Auslöser sein für einen Teufelskreis: Viele trauen sich dann überhaupt nicht mehr, sich Zeit für anderes zu nehmen. Der Ausgleich zum Beruf – die Balance zwischen Arbeit und Familie, zwischen Stress und Entschleunigung – kommt dann viel zu kurz. Was kann hier helfen? „Ein erster Schritt aus dem Teufelskreis ist die Bewusstmachung dieses Vorgangs“, sagt Wenke Bultmann, die ihre berufliche Laufbahn als Kunstthe- rapeutin begann, berufsbegleitend Psychologie studierte und seit zehn Jahren an der Johannesbad Fachklinik Hochsauerland tätig ist. „Wenn wir etwas verstehen, können wir es besser kontrollieren und verändern“, sagt sie. Zehn Tipps und Techniken, die Ihnen beim Abschalten helfen: 1. Definieren Sie möglichst klare Grenzen von Arbeits- und Freizeitwelt. 2. Erarbeiten Sie einen strukturierten Tages- und Wo- chenplan. 3. Erledigen Sie Wichtiges stets zuerst. 4. Versuchen Sie, berufliche E-Mails und Nachrichten nach Möglichkeit nicht auf dem Handy zu installieren. 5. Machen Sie sich bewusst, dass die Balance zwischen Arbeit und Familie, zwischen Stress und Entschleuni- gung wichtig ist. 6. Aus psychologischer Sicht hilft es, für sich selbst zu lernen, dass niemand ständig erreichbar sein muss. 7. Erlauben Sie sich, Pausen zu machen. 8. Finden Sie Rituale, die Ihnen im Alltag guttun: Seien Sie kreativ, gehen Sie in die Natur, treiben Sie Sport. 9. Probieren Sie Techniken aus, die Ihnen helfen, im „Hier und Jetzt“ zu sein – wie Meditationen oder ein acht- sames Joggen. 10. Stärken Sie Ihre eigene psychische Widerstandskraft, die Resilienz – positive soziale Kontakte und ein posi- tives Selbstbild helfen dabei. Rituale finden, die im Alltag guttun Ein wichtiger Baustein ist dann aus medizinischer Sicht auch hier die „kognitive Diffusion stressverstärkender Gedanken“. Konkret heißt das: Das Erleben eigener entwertender Gedan- ken so zu verändern, dass sie nicht mehr als Realität betrach- tet und weniger ernst genommen werden. Außerdem kann es helfen, herauszufinden, wo die eigenen Stärken liegen und was im Alltag guttut. „Entsprechende Tätigkeiten wie beispielsweise kreativ sein, in die Natur gehen oder auch Sport sollten als Rituale in den Tagesablauf integriert werden“, verdeutlicht die Psychologin. Techniken, die helfen im „Hier und Jetzt“ zu sein und nicht bei vergangenen Situationen des letzten Arbeitstages oder der morgigen Präsentation, sind nach ihren Worten ebenfalls von großem Nutzen. „Hier sollte jeder für sich herausfinden, ob Meditationen oder vielleicht eher ein achtsames Joggen infra- ge kommen.“ Zusätzlich rät Wenke Bultmann dazu, die eigene psychische Widerstandskraft, die man Resilienz nennt, zu stärken. Haupt- faktoren hierfür sind positive soziale Kontakte und ein posi- tives Selbstbild. „Wenn wir also ein nettes Gespräch mit der Kollegin oder dem Verkäufer im Laden führen, tun wir etwas dafür, resilienter zu werden. Auch das Streicheln eines Tieres zeigt positive Effekte“, erläutert die Psychologin. QUELLE: Johannesbad Fachklinik Hochsauerland, www.johannesbad.com HR Performance Special 4/2024 21