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Kündigungsschutzklage; Klagefrist; Angabe des Wohnorts in der Klageschrift; anderweitige Rechtshängigkeit und allgemeine Feststellungsklage; Vollzugsfrist des § 88 Abs. 3 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (seit dem 1. Januar 2018:

Dies sind die Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 01.10.2020 – 2 AZR 247/20 -:

1. Die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Rechtsmittelführers in einer Rechtsmittelschrift ist keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels (Rn. 16).

2. Eine Kündigungsschutzklage kann die Frist des § 4 Satz 1 KSchG auch dann wahren, wenn der Arbeitnehmer in der Klageschrift seinen Wohnort nicht angibt. Es genügt, wenn die rechtzeitig eingereichte Klageschrift von einer postulationsfähigen Person unterzeichnet ist und aus ihr die Parteien (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), die angefochtene Kündigung (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) sowie der Wille des Arbeitnehmers, die Unwirksamkeit dieser Kündigung gerichtlich feststellen zu lassen, erkennbar sind (Rn. 31, 34).

3. Der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO als spezieller Fall des Fehlens eines Rechtsschutzbedürfnisses greift nicht durch, wenn das Rechtsschutzziel der späteren Klage über das der ersten hinausgeht. So liegt es im Verhältnis eines Kündigungsschutzantrags zu einer früheren allgemeinen Feststellungsklage (Rn. 35).

4. Für die Wahrung der Vollzugsfrist gemäß § 88 Abs. 3 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (seit dem 1. Januar 2018: § 171 Abs. 3 SGB IX) kommt es auf den Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer nach § 130 BGB an. Dem Arbeitnehmer kann es aber nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sein, sich auf den Zugang außerhalb der Vollzugsfrist zu berufen, wenn er die Verzögerung selbst zu vertreten hat (Rn. 41 f.).

5. Die Möglichkeit, die Kündigung einem dem Arbeitgeber bekannten Empfangsbevollmächtigten des Arbeitnehmers zugehen zu lassen, schließt regelmäßig die Annahme einer treuwidrigen Zugangsvereitelung (§ 242 BGB) durch den Arbeitnehmer sowie die Bewilligung einer öffentlichen Zustellung (§ 132 Abs. 2 BGB) aus (Rn. 47, 51).

6. Eine Prozessvollmacht ermächtigt den Vertreter grds. zur Entgegennahme von materiell-rechtlichen Willenserklärungen, die sich auf die Streitgegenstände der gestellten Anträge beziehen (Rn. 48).

7. Eine Prozessvollmacht wird auch im Parteiprozess (§ 11 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) im Zweifel unbeschränkt erteilt. Eine nachträgliche Beschränkung der Prozessvollmacht muss dem Gericht und dem Gegner gegenüber unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden (Rn. 49).