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Außerordentliche und ordentliche Kündigung; Zugang in Untersuchungshaft

Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 24.05.2018 – 2 AZR 72/18 -:

1. Die Erklärungslast gem. § 138 Abs. 2 ZPO richtet sich grundsätzlich danach, wie die darlegungspflichtige Partei vorgetragen hat. Etwas anderes gilt dann, wenn diese außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind. In diesen Fällen kann vom Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substanziierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der ihr widersprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden. Genügt er dem – ggf. nach richterlichem Hinweis gem. § 139 Abs. 2 ZPO – nicht, ist der gegnerische Vortrag gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen (Rn. 22).

2. Wird ein Schreiben einem Empfangsboten übergeben, ist es dem Adressaten iSv. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB zugegangen, sobald nach den gewöhnlichen Umständen mit der Weiterleitung an diesen zu rechnen ist. Empfangsbote ist, wer vom Empfänger zur Entgegennahme von Erklärungen ermächtigt worden oder nach der Verkehrsauffassung als ermächtigt anzusehen ist, Willenserklärungen oder diesen gleichstehende Mitteilungen mit Wirkung für den Erklärungsempfänger entgegenzunehmen. Die Eigenschaft als Empfangsbote ist nicht notwendig abhängig vom Bestehen einer persönlichen oder vertraglichen Beziehung zwischen Empfangsbote und Adressat. Auch eine normativ ausgestaltete Verpflichtung, eine Willenserklärung an den Adressaten weiterzuleiten, kann eine Empfangsbotenstellung begründen (Rn. 25 ff.).

3. Die Mitarbeiter einer in Hessen gelegenen Justizvollzugsanstalt sind grundsätzlich Empfangsboten für Schreiben, die an inhaftierte Beschuldigte gerichtet sind. Sie sind gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 HUVollzG verpflichtet, für Untersuchungsgefangene eingehende Schriftstücke umgehend, fristgebundene unverzüglich an diese weiterzuleiten. Dies gilt nicht für Schreiben, bei denen die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Anhalten nach § 27 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 4 HUVollzG vorliegen und die an den Absender zurückgegeben oder von der Anstalt verwahrt werden (§ 27 Abs. 3 Satz 5 HUVollzG). Es gilt auch dann nicht, wenn bei einem inhaftierten Beschuldigten gem. § 119 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO eine haftgrundbezogene Postüberwachung angeordnet ist. In diesem Fall sind eingehende Schreiben gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 HUVollzG nicht an den Häftling, sondern an die hierfür zuständige Stelle weiterzuleiten (Rn. 28 ff.).

 

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