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Außerordentliche Kündigung; Sonderkündigungsschutz von schwerbehinderten Menschen; Kündigungserklärungsfrist


Dies sind die Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 27.02.2020 – 2 AZR 390/19 -:

1. Nach § 91 Abs. 5 SGB IX aF (§ 174 Abs. 5 SGB IX nF) kann eine außerordentliche Kündigung auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB erfolgen, wenn sie unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes erklärt wird. Der Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB ist Anwendungsvoraussetzung von § 91 Abs. 5 SGB IX aF (§ 174 Abs. 5 SGB IX nF) (Rn. 24).

2. Entsprechend der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB bedeutet „unverzüglich“ auch im Rahmen von § 91 Abs. 5 SGB IX aF (§ 174 Abs. 5 SGB IX nF) „ohne schuldhaftes Zögern“. Schuldhaft ist ein Zögern, wenn das Zuwarten durch die Umstände des Einzelfalls nicht geboten ist. Da „unverzüglich“ weder „sofort“ bedeutet noch damit eine starre Zeitvorgabe verbunden ist, kommt es auf eine verständige Abwägung der beiderseitigen Interessen an. Nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ist ohne das Vorliegen besonderer Umstände grundsätzlich keine Unverzüglichkeit mehr gegeben (Rn. 17).

3. Die Zustimmung ist „erteilt“ iSv. § 91 Abs. 5 SGB IX aF (§ 174 Abs. 5 SGB IX nF), sobald eine solche Entscheidung innerhalb der Frist des § 91 Abs. 3 Satz 1 SGB IX aF (§ 174 Abs. 3 Satz 1 SGB IX nF) getroffen und der antragstellende Arbeitgeber hierüber in Kenntnis gesetzt oder wenn eine Entscheidung innerhalb der Frist des § 91 Abs. 3 Satz 1 SGB IX aF (§ 174 Abs. 3 Satz 1 SGB IX nF) nicht getroffen worden ist; in diesem Fall gilt die Zustimmung mit Ablauf der Frist gem. § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX aF (§ 174 Abs. 3 Satz 2 SGB IX nF) als erteilt (Rn. 18).

4. Die Frage der Rechtzeitigkeit der Antragstellung beim Integrationsamt bestimmt sich nach § 91 Abs. 2 SGB IX aF (§ 174 Abs. 2 SGB IX nF). Die Einhaltung der Frist ist Rechtsmäßigkeitsvoraussetzung für die Erteilung der Zustimmung. Sie ist allein vom Integrationsamt bzw. im Falle der Anfechtung der Entscheidung von den Verwaltungsgerichten zu prüfen. An eine nicht nichtige Zustimmung zur Kündigung sind die Arbeitsgerichte gebunden, solange sie nicht rechtskräftig aufgehoben ist (Rn. 28).